Inwieweit habe ich überhaupt das Recht, von einem Partner, der sich mit mir in eine feste Beziehung einlässt, etwas zu verlangen?
Du hast keinerlei Recht. Du kannst nur Verantwortung übernehmen für dich selber und für die Tatsache, dass du dich auf diese Beziehung eingelassen hast. Es gibt keinen Rechtsanspruch, den ein Mensch auf einen anderen erheben kann. Natürlich könnt ihr Abmachungen treffen oder Verträge schließen; natürlich könnt ihr verlangen, dass der andere sich daran hält; aber was ist, wenn er es nicht tut? Selbst wenn der Richter dann über den Fall entscheidet und feststellt, dass euer Partner euch dies oder das schuldig ist, und wenn der Partner oder Ex-Partner sich dann widerstrebend dazu bereit erklärt – habt ihr dann euer Recht?
Tatsächlich habt ihr das, was ihr verlangt, erst dann wirklich, wenn der andere es euch aus freien Stücken gibt. Sonst werdet ihr nie zufrieden sein. Etwas, was aus freien Stücken gegeben werden soll, kann man aber weder verlangen noch einfordern; wenn man es verlangt oder einfordert, vereitelt man gerade dadurch, dass es einem aus freien Stücken gegeben wird.
Recht und Forderung – diese dem Rechtssystem entlehnten Begriffe, haben in einer Liebesbeziehung nichts zu suchen. Diese Art Gerechtigkeit hat ihren Platz in der Welt überall dort, wo keine Liebe herrscht. Sie ist der Ersatz für Liebe. Wo es keine Liebe gibt – oder wenig Liebe -, muss eine Instanz geschaffen werden, die für Gerechtigkeit sorgt. Wo es Liebe gibt, ist Gerechtigkeit nicht nötig. Liebe weiß immer, was gebraucht wird, und ist immer bereit es zu geben.
Eine Beziehung der Liebe – eine Liebesbeziehung – basiert nicht auf Recht und Forderungen, sondern auf Liebe. Andernfalls ist sie keine. Entscheidet euch, was ihr was ihr wünscht. Und lebt danach.
Eure Art, Beziehungen zu leben, ist hart. Macht sie ein wenig weicher. Gönnt euch und gebt einander mehr Liebe. Und das bedeutet auch, euren Geliebten oder eure Geliebte zu respektieren und ihm oder ihr zuzugestehen, so zu leben, so zu sein, so zu lieben und sich so zu äußern, wie es ihm oder ihr entspricht. Macht euch ein wenig weicher… Seid liebevoller zu euch selbst. Anstatt zu fordern, zu verlangen und einzuklagen, setzt euch mit den tieferen Gefühlen auseinander, die hinter euren Forderungen stehen; findet eure Sehnsucht, euren Schmerz, eure Liebe, eure Unschuld, eure kindlichen Bedürfnisse, und öffnet euer Herz all diesen Gefühlen. Kümmert euch um sie, wie eine gute Mutter sich um ihr Kind kümmert: voller Verständnis und Mitgefühl. So versorgt ihr euch selber mit Liebe und könnt den Partner aus dem Krieg der Forderungen entlassen. Und dann könnt ihr vielleicht endlich mit Dankbarkeit und Liebe das annehmen und würdigen, was er euch gibt: seine Art, euch seine Liebe und seine Verbundenheit zu zeigen. Seine Schönheit, die Ehre und das Privileg, sein Leben teilen zu dürfen und Einblick in sein Herz und sein Wesen zu bekommen.
Und je mehr Liebe ihr euch selber gebt, desto mehr werdet ihr in der Lage sein, zu erkennen, welchen Wert ihr selber habt und welches Geschenk ihr selber seid für euren Partner und für all die Menschen, denen ihr begegnet. Ihr werdet es dann leichter haben, eure Geschenke als freie Geschenke der Liebe zu geben, anstatt als Handelsware, für die ihr im Gegenzug etwas verlangt, und zwar nicht irgend etwas, sondern etwas ganz Bestimmtes…
Safi Nidiaye, Die Schönheit der Liebe
(Artwork: signiert)
Dankeschön an
GARTEN der Liebe 




